
Live Aid: 40 Jahre später – Äthiopien steht erneut am Abgrund
Während die Welt schweigt, gibt Mary's Meals den Kindern von Tigray eine Stimme
Ein blutiger Konflikt im Norden Äthiopiens hat über 600.000 Menschen das Leben gekostet und mehr als eine Million in Lager für Binnenvertriebene gezwungen. Gewalt, Armut, Klimawandel und Dürre haben jahrzehntelange Fortschritte zunichtegemacht. Zwar wurde Ende 2022 offiziell ein Waffenstillstand verkündet, doch Zehntausende sind weiterhin auf der Flucht, und Millionen Menschen sind dringend auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Die Lage ist verzweifelt und wird durch drastische Kürzungen humanitärer Hilfen weiter verschärft.
Am 13. Juli 1985 lenkten Konzerte in London und Philadelphia, organisiert von Bob Geldof und Midge Ure, die Aufmerksamkeit der Welt auf die verheerende Hungersnot in Äthiopien. Mehr als 1,5 Milliarden Menschen sahen Live Aid, über 114 Millionen Pfund wurden für die Hungerhilfe gesammelt. Fast acht Millionen Menschen litten damals an Hunger, mehr als eine Million starben.
Heute, vier Jahrzehnte später, versorgen wir von Mary's Meals täglich 240.000 Kinder in Tigray mit einer warmen Mahlzeit in der Schule, mehr als jede andere Organisation weltweit.
Eine sich anbahnende Hungersnot
Unsere Geschichte begann vor 40 Jahren, als unser Gründer Magnus MacFarlane-Barrow durch Live Aid dazu inspiriert wurde, selbst aktiv zu werden und Bedürftigen zu helfen.
Magnus erinnert sich: „Als ich 1985 als Teenager das Live-Aid-Konzert sah, war ich tief bewegt. Die verstörenden Bilder aus Tigray, die abgemagerten Kinder, Bob Geldofs leidenschaftlicher Appell, das hat meine Freunde und mich zum Handeln gebracht. Es war meine erste Spende an eine Hilfsorganisation.“
Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich vierzig Jahre später erneut in Tigray stehen würde, Auge in Auge mit abgemagerten Kindern, die unter akuter Unterernährung leiden, während sich erneut eine Hungersnot abzeichnet.“
Die meisten Menschen ahnen nicht, dass Äthiopien erneut in einer schweren Krise steckt. Tigray ist weitgehend von der weltweiten Aufmerksamkeit verschwunden, obwohl 90 % der Bevölkerung dringend auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind. Das Schweigen darüber ist ohrenbetäubend.
Die internationalen Hilfen wurden drastisch gekürzt. Im April setzte das Welternährungsprogramm die Nahrungsmittelhilfe für 650.000 Frauen und Kinder aus und warnte, dass weitere 3,6 Millionen Menschen betroffen sein könnten.
Magnus kommentierte: „Diese Kürzungen kommen zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, während die ärmsten Menschen der Welt durch Konflikte und Klimawandel ohnehin schon unter extremem Hunger leiden.“

Bei einem Besuch in Tigray schildert Magnus:„600.000 Tote, diese Zahl übertrifft die Opfer anderer großer Kriege unserer Zeit. Der Wiederaufbau ist kostspielig, gleichzeitig führt eine anhaltende Dürre zu einer verheerenden Ernährungskrise.“
Er erzählt von einem Besuch auf einem Schulhof:
„Zwei zehnjährige Mädchen sagten mir, sie kämen nur wegen der Mahlzeiten von Mary's Meals zur Schule. Ich war erleichtert, dass unsere Hilfe wirkt – bis ich erfuhr, dass sie ihre einzige Mahlzeit des Tages mit hungrigen Kindern am Schultor teilen. Und das, obwohl sie selbst nicht wussten, ob es zu Hause noch etwas zu essen geben würde.“
Hoffnung inmitten der Krise
Seit 2017 arbeiten wir mit einem vertrauenswürdigen lokalen Partner an gemeindebasierten Schulspeisungsprogrammen in Tigray. Auch während des Tigray-Kriegs von 2020 bis 2022 konnten wir warme Mahlzeiten und lebenswichtige Unterstützung bereitstellen.
Vor Kriegsbeginn erreichten wir rund 30.000 Kinder. Nach einem Dringlichkeitsaufruf im vergangenen Jahr, unterstützt unter anderem vom Band Aid Charitable Trust, ist diese Zahl auf über 240.000 Kinder gestiegen.

"On the Frontlines of Hunger"
Um die Aufmerksamkeit auf die fortschreitende humanitäre Krise in Äthiopien zu lenken, haben wir einen bewegenden Dokumentarfilm produziert:
"On the Frontlines of Hunger" erzählt die Geschichte der Menschen in Tigray in ihren eigenen Worten.
Der Film, gesprochen von der Emmy- und Golden-Globe-nominierten Schauspielerin Roma Downey, enthält ein exklusives Interview mit Sir Bob Geldof sowie seltenes Archivmaterial von Live Aid 1985. Er lässt Menschen zu Wort kommen, die heute in Tigray leben und arbeiten.

Als bislang einziger Dokumentarfilm seiner Art basiert er auf unserer langjährigen Präsenz vor Ort. Er zeigt ungeschönt das Leid – aber auch die beeindruckende Widerstandskraft der Bevölkerung. Er erzählt von Ordensschwestern, die ein Schulspeisungsprogramm zu einem Rettungsanker für zehntausende Flüchtlingskinder gemacht haben. Von ehemals wohlhabenden Familien, die zum Betteln gezwungen sind. Von Kindern, die ihre einzige Mahlzeit mit anderen teilen, die noch weniger haben.
Wenn uns die nötigen Mittel zur Verfügung stehen, sind wir bereit, das Programm auf weitere besonders bedürftige Gebiete in Tigray auszuweiten , damit noch mehr Kinder täglich eine warme Mahlzeit erhalten können.